Salzburger Festspiele 2014 sind eröffnet
27.07.2014
Festival gedenkt dem ersten Weltkrieg
In der Felsenreitschule wurde heute die 94. Salzburger Festspiele eröffnet. Das zentrale Thema in diesem Jahr: Der erste Weltkrieg. Als Festredner verwies der Historiker Prof. Dr. Christopher M. Clark auf Parallelen zwischen den Ereignissen, die vor 100 Jahren zum Ausbruch des Ersten Wettkrieges geführt haben, und der heutigen weltpolitischen Lage.
Diesem thematischen Fokus entsprechend bildeten Lesungen von Cornelius Obonya und Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf aus Werken von Karl Kraus und Stefan Zweig den Rahmen der Veranstaltung. Für die musikalische Gestaltung zeichneten das Mozarteumorchester Salzburg unter seinem Chefdirigenten Ivor Bolton und die Sopranistin Laura Aikin verantwortlich.
Bundespräsident Fischer stellte in seiner Eröffnungsansprache fest, dass vor 100 Jahren alle Mechanismen versagt hätten, die den Frieden hätten bewahren können und dass uns dies auch heute noch ratlos zurücklasse. Und auch in den Köpfen vieler Musiker und Komponisten schien Merkwürdiges vor sich gegangen zu sein: Auch die Musik wurde rasch in nationale Einzelsprachen untergliedert.
"Es lässt uns nicht heute noch, sondern heute schon wieder ratlos zurück, wenn wir an das Versagen der Friedensmechanismen in der Ukraine oder an das Perpetuum mobile des Tötens zwischen Israelis und Palästinensern denken – von Syrien, vom Irak, von Afghanistan ganz abgesehen", so das Staatsoberhaupt. "Und es erstaunt mich immer wieder, dass gerade diejenigen, die ein Versagen europäischer und damit auch österreichischer Politik für die schrecklichen und blutigen Entwicklungen außerhalb Europas oder am Rande Europas mitverantwortlich machen, oft nicht viel anderes anzubieten haben, als die alte Politik des Drehens an der Spirale der Gewalt, der Zuspitzung der Feindbilder, der Dialogverweigerung. Die simple Erkenntnis, dass Krieg und Gewalt nicht die Ultima Ratio, sondern die Ultima Irratio sind, ist noch immer nicht weit genug vorgedrungen – und das auf allen Seiten."
Fischer weiter: "Umso mehr bin ich überzeugt, dass die Zukunft der internationalen Politik auf die Entwicklung vom nationalen Rechtsstaat zum internationalen Rechtsstaat und auf eine umfassende judizielle Ahndung von Kriegshandlungen und Kriegsverbrechen hinarbeiten muss. Und Bertha von Suttner wird letzten Endes Recht behalten mit dem Satz: Entweder die Menschheit schafft den Krieg ab oder der Krieg schafft die Menschheit ab."
Festredner Clark: Es häuft sich das Risiko
Festredner Christopher Clark stellte die Ereignisse, die vor 100 Jahren zum Ausbruch des Ersten Wettkrieges geführt haben, der weltpolitischen Lage von heute gegenüber. Sein Resümee: "Wir befinden uns, wie im Jahre 1914, in einer Phase des Umbruchs. Die Konturen des alten Systems sind im Auflösen begriffen, die neuen Konstellationen sind noch nicht klar erkennbar. Gerade in solchen Momenten, wo das Gleichgewicht ins Wanken kommt, häuft sich das Risiko." Die Katastrophe des Jahres 1914 sei eine Mahnung, wie furchtbar die Folgen sein können, wenn die Politik versagt, die Gespräche versiegen und kein Kompromiss mehr möglich ist.
"Ob wir heute in der Lage sind, dieser Falle zu entkommen ist noch nicht klar", so Clark weiter. Wir sind nicht unbedingt klüger oder weiser als unsere Vorfahren. Aber wir haben, jedenfalls in Europa, bessere Strukturen. Hier hat man aus den Ruinen zweier verheerender Weltkriege eine Wirtschafts- und Friedensordnung hergestellt, die weltweit einmalig ist. Es ist nicht nur, dass durch die EU ein Krieg zwischen den Staaten Europas unvorstellbar geworden ist, sondern dass dieses transnationale Gebäude für die ganze Welt ein Modell bietet für die friedliche Schlichtung von Interessenkonflikten." Die EU habe zurzeit vor allem innerhalb Europas eine schlechte Presse. Sie und ihre Werte würden auch innerhalb der Union von populistischen Bewegungen in Frage gestellt. Aber wer die EU wie ich von außerhalb betrachtet sehe in ihr einen Akt transnationalen politischen Willens, der zu den größten Errungenschaften der Geschichte der Menschheit gehöre, so Clark.