Kitzbühel 2018: DOWNHILL-BIKER BEZWINGT DIE STREIF
18.01.2018
Auf der Jagd nach Geschwindigkeits-Rekorden stürzte sich der Downhill-Mountainbiker Max Stöckl schon in den entlegensten Regionen der Erde über Berge und Steilhänge. Die Suche nach perfekten Pisten für seine Leidenschaft führte den Kitzbüheler schließlich zurück in die Heimat, an seinen Hausberg. Nicht einem neuen Speed-Rekord, sondern der härtesten Ski-Abfahrt der Welt stellte sich der Österreicher auf zwei Rädern nur wenige Tage vor dem 78. Hahnenkamm-Rennen. Als erster Mensch mit einem Mountainbike schoss Max Stöckl auf Schnee über die legendäre Streif, frisch präpariert für die mutigsten Athleten im Alpinen Ski-Weltcup.
Seit mehr als 20 Jahren brettert Max Stöckl aus Oberndorf bei Kitzbühel über die steilsten Hänge rund um den Globus. Den Geschwindigkeits-Weltrekord brannte der Downhill-Mountainbiker 2007 mit über 210 km/h in den Schnee der chilenischen Anden. Auf Schotterpisten hält der Tiroler ebenfalls die Bestmarke. Ende 2016 beschleunigte er in der Atacama-Wüste mit einem Serien-Mountainbike auf 167,6 km/h. Nicht allein Speed oder Rekorde sind es, die den 43-Jährigen antreiben. Es muss eine einzigartige Herausforderung sein und vor allem: „Es muss richtig Spaß machen!“ Den – für seine Maßstäbe – dazu perfekten Berg und die perfekte Strecke hat der Tiroler direkt vor der Haustür: den Hahnenkamm in Kitzbühel.
Jedes Jahr im Jänner bäumt sich in den Tiroler Bergen die härteste Rennstrecke des Alpinen Ski-Weltcups auf. Sobald die Streif für eines der Sport-Highlights Österreichs präpariert ist, braucht es Steigeisen, um sich zu Fuß auf ihr zu halten. Nur wirklich gute Skifahrer haben überhaupt eine Chance mit zwei Brettern. Ausschließlich die besten Abfahrer der Welt stürzen sich auf diesem 3,3 Kilometer langen Höllenritt 860 Höhenmeter in die Tiefe. Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h werden beim Zielschuss gemessen, den Streckenrekord hält seit 1997 der Österreicher Fritz Strobl mit 1:51,58 Minuten. Noch nie zuvor hat ein Athlet die Streif im Winter mit einem Mountainbike bezwungen. Ehe Stars, wie Max Franz, Matthias Mayer, Hannes Reichelt, der Norweger Aksel Lund Svindal oder der Vorjahres-Sieger Dominik Paris aus Südtirol am Samstag auf Max Stöckls Hausberg voll angreifen, forderte er diese unbarmherzige Rennstrecke als erster Mensch auf zwei Rädern heraus.
Wenige Tage vor dem 78. Hahnenkamm-Rennen warf sich der Kitzbüheler aus dem Starthaus der prestigeträchtigsten Strecke im Weltcupzirkus in den Sattel. Unmittelbar nach dem Start beschleunigt der steilste Abschnitt – die berüchtigte Mausefalle – Ski-Rennläufer mit einem Gefälle von 85 Prozent innerhalb kürzester Zeit auf über 110 km/h. Max Stöckl manövrierte sein Bike mit artistischen Einlagen und rasantem Tempo über die vereiste Piste. Nach heiklen Passagen mit bezeichnenden Namen wie Steilhang, Geschöss, Lärchenschuss oder Hausbergkante heizte der Local Hero mit letzter Kraft und satten 103,64 km/h Top-Speed über den Zielschuss! Für den Streckenrekord von Fritz Strobl hat es zwar nicht gereicht, die Zeit von 3:06 Minuten ließ aber selbst den hartgesottenen ehemaligen Weltcup-Athleten staunen: „Nachdem ich mit Ski schon einen ordentlichen Respekt vor der Streif habe, erübrigt sich die Frage, ob ich das je mit einem Mountainbike machen würde!“
Überwältigt vom wilden Ritt auf der härtesten Ski-Abfahrt der Welt und glücklich, diese Herausforderung gemeistert zu haben, grinste Max Stöckl: „Wenn man mit dem Radl auf so einem Hang fahren darf, ist es eine besondere Ehre, die ich mit dem nötigen Respekt behandelt habe, um möglichst nicht die getane Arbeit des Skiclubs zu vernichten und 100 Meter Zaun abzuräumen. Die bekannten Schlüsselstellen waren auch für mich hart, wo ich schon sehr kämpfen musste, um die Tore zu erwischen.“ An Weltrekorde und Husarenritte, wie jenen auf der Streif, wagt sich der Kitzbüheler dabei nicht als professioneller Leistungssportler. Hauptberuflich betreibt er ein Mountainbike-Rennteam. Seinem Kredo, ausschließlich auf Serien-Mountainbikes zu fahren, bleibt der Tiroler treu. Neben 15 mm langen Spikes und einem Karbon-Kotflügel kam eine normale Downhill-Ausrüstung zum Einsatz: „Das einzige, was anders ist, sind die Schrauben in den Reifen und einen Kotflügel habe ich mir machen lassen. Downhill-Mountainbiken funktioniert für mich nur ohne Spezialteile.Es soll ein Rad bleiben und kein Motorrad ohne Motor“, betont der Speed- Experte.